Raus ins Freie: Warum Outdoor-Spiele so viel Mehrwert bieten

Beim Spielen an der frischen Luft kann sich die Kreativität frei entfalten. Foto: Davit85 / Stock.Adobe

Bei schlechtem Wetter sind kreative Spielideen für den Innenbereich toll. Wenn die Sonne lacht, heißt es dagegen nichts wie raus und Spielspaß im Freien genießen.


Wenn es draußen regnet und stürmt, macht das wenig Lust auf Outdoor-Aktivitäten. Zum Glück gibt es ein reichhaltiges Angebot für drinnen, bei dem die ganze Familie Spaß haben kann. Indoorspielplätze bieten Raum zum Toben, wenn es draußen einfach zu nass und kalt ist. Mitmachmuseen und Ausstellungen mit Erlebnisfaktor machen neugierig und vermitteln Spaß an Wissen und auch für kleine und große Sportfans gibt es ein breites Angebot, das sich bei Wind und Wetter in einer trockenen Halle nutzen lässt.

Doch ganz gleich, wie spannend ein Indoor-Angebot auch sein mag, Spielzeit im Freien toppt es nicht. Aktivitäten unter freiem Himmel haben so viel zu bieten, auch wenn es auf den ersten Blick manchmal gar nicht so scheinen mag. Der Mehrwert, den Outdoor-Aktivitäten vor allem für Kinder haben, ist beeindruckend und macht richtig Lust auf Spielspaß im Freien.

Frische Luft und Sonne als Booster für das Immunsystem

Es ist kein Geheimnis: Spielen an der frischen Luft ist gesund und tut gut. An der frischen Luft gibt es Sauerstoff satt. Das ist gut für das Herz-Kreislauf-System und für das Gehirn. Beim Spielen im hellen Sonnenlicht tankt der Körper außerdem jede Menge Vitamin D. Der Nährstoff erfüllt im Körper vielfältige Funktionen. So stärkt er beispielsweise das Immunsystem und macht es fit für den Kampf gegen Krankheitserreger. Eine wichtige Aufgabe hat Vitamin D als übergeordneter Begriff auch im Knochenstoffwechsel. Es sorgt für eine bessere Aufnahmefähigkeit von Calcium im Knochen und unterstützt so das Wachstum und die Stabilität der Knochen. Für Kinder ist Vitamin D ein lebenswichtiger Baustoff für eine gesunde Entwicklung.

Der direkte Kontakt mit UV-Licht fördert die körpereigene Produktion von Vitamin D. Langzeitstudien des Robert-Koch-Instituts legen nahe, dass ungefähr jedes zweite in Deutschland lebende Kind über eine nicht ausreichende Vitamin-D-Produktion verfügt. Insbesondere in den Wintermonaten kann ein Mangel an UV-Licht eine Unterversorgung hervorrufen. Deshalb gilt: Sonne tanken, wann immer es geht, besonders in der dunklen Jahreszeit.

Freiheit regt zu Bewegung an

Das Spielen im Freien vermittelt oft ein Gefühl der Freiheit. Der offene Himmel, das häufig großzügige Platzangebot, all das schafft Raum und Weite. Diese Freiheit regt vor allem Kinder dazu an, sich zu bewegen. Wo Platz ist, möchte dieser auch ausgefüllt werden, und das geht mit Rennen, Toben und Spielen ganz wunderbar. Outdoor-Spiele schaffen Freiraum, der Körper und Geist dazu motiviert, in Bewegung zu bleiben.

Aktivitäten unter freiem Himmel regen die Freude an Bewegung auf natürliche Weise an. Bei Kindern ist der Bewegungsdrang meist noch viel stärker ausgeprägt als bei Erwachsenen, die bereits daran gewöhnt sind, einen Großteil des Tages sitzend oder in einer eher statischen Haltung zu verbringen. Viel Spielzeit im Freien kann einen wichtigen Beitrag dazu leisten, den natürlichen Bewegungsdrang lange zu erhalten und so einen gesunden Lebensstil zu fördern.

Beim bewegten Spiel schulen Kinder ganz nebenbei ihre motorischen Fähigkeiten, auch ganz ohne besondere Spielgeräte. Balancieren auf einer Mauer, Springen oder Klettern über einen Baumstamm, motorisches Geschick ist überall gefragt. So werden Wald und Wiese mühelos zum idealen Bewegungsparcours.

Wo reichlich Platz ist, wird Bewegung zum Vergnügen. Foto: Davit85 / Stock.Adobe.com

Aus wenig viel machen: Kreativität fördern

Aus Freiräumen kann große Kreativität erwachsen. Kinder verfügen oft über eine außergewöhnliche Gabe, aus kleinen Dingen etwas Großes entstehen zu lassen und aus dem Nichts mithilfe ihrer Fantasie bunte Spielwelten zu erschaffen. Diese Fähigkeit fördert das Spielen im Freien. Während Indoor-Angebote häufig durch umfangreiches Equipment und vorgegebene Spielstationen geprägt sind, lässt das Spielen im Freien mehr Raum, um selbst zum Schöpfer kreativer Möglichkeiten zu werden.

Bei Outdoor-Aktivitäten, insbesondere beim freien Spielen und Toben in der Natur, können Kinder aus ihrem vollen Potenzial schöpfen und sind nicht eingeschränkt durch vorgegebene Ideen, Spielgeräte oder zeitliche Rahmenbedingungen. So berichtet die familienfreundliche Krankenkasse BKK GILDEMEISTER SEIDENSTICKER in ihrem Gesundheitsjournal über Spiele im Freien für Kinder, worauf es beim Toben an der frischen Luft ankommt: „Vorteil bei diesen Kinderspielen ist neben der überschaubaren Ausrüstung die zeitliche Flexibilität: Man spielt einfach so lange, wie die Leute Lust haben.“

Freies Spielen an der frischen Luft fördert und erhält die kindliche Fähigkeit, aus sich selbst heraus Beschäftigung und Kreativität zu schöpfen und die zur Verfügung stehende Zeit ohne umfangreiche Unterhaltungsmaterialien reichhaltig zu füllen. Das schafft Zufriedenheit, Selbstvertrauen und das Gefühl, die eigenen Fähigkeiten nutzen und frei entfalten zu können.

Beste Voraussetzungen, um zu lernen

Kinder lernen am besten spielerisch. Im Kindergarten und in den Grundschulen werden erste wichtige Lerneinheiten deshalb überwiegend noch in spielerisch-kreative Formate eingebettet. Auch das Spielen und Toben im Freien birgt großes Lernpotenzial. Neugierde wecken, die Natur entdecken, naturwissenschaftliche Phänomene wie die Schwerkraft, das Gleichgewicht und vieles mehr erfahren und begreifen, Halt finden beim Klettern, einem Unterschlupf aus Stöcken Stabilität verleihen und dafür sorgen, dass das selbst gebaute Floß vom Wind vorwärtsgetragen wird, beim Spielen und Toben im Freien eröffnet sich eine Welt des Wissens, die Kinder spielerisch in sich aufnehmen können.

Darüber hinaus fördert die frische Luft mit ihrem hohen Sauerstoffgehalt die Durchblutung und damit die kognitiven Prozesse im Gehirn und macht es möglich, das erworbene Wissen noch besser zu vernetzen und daraus zu schöpfen. Zu den wichtigen Dingen, die Kinder beim Spielen im Freien erlenen können, gehören auch soziale Kompetenzen. Wie reichhaltig das Lernprogramm bei Outdoor-Aktivitäten sein kann, erläutert Prof. Dr. Martin Dietrich, Kommissarischer Direktor der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA), im Interview mit kinderzeit.de, einem Onlineportal für pädagogische Fachkräfte: „Grundlegende Fertigkeiten und Kenntnisse werden durch das Spielen geübt und gefestigt“, weiß Dietrich. „Selbstwertgefühl, Selbstbestätigung, Denk- und Merkfähigkeit und Kreativität entwickeln sich, Verantwortung für sich selbst und andere wird übernommen. Das Einhalten von Regeln und Aushalten von Enttäuschung und Misserfolg wird erprobt und das Einfühlungsvermögen geschult.“

Wissenschaftliche Studien legen zudem die Vermutung nahe, dass es Kindern außerhalb geschlossener Strukturen wie Klassenräumen leichter fällt, ihre Umgebung bewusst wahrzunehmen, ihr Denken aus festgelegten Mustern zu befreien und komplexe Problemlösungen zu entwickeln. Wissenschaftler glauben, dass es Kindern in der freien Natur leichter fällt, ihre Fähigkeiten unbefangen anzuzapfen und zu entfalten und über sich hinauszuwachsen. Konkrete Belege für diesen wissenschaftlichen Ansatz gibt es bislang nicht, doch bereits heute nutzen schulische Einrichtungen das Konzept und verlagern einzelne Unterrichtseinheiten ins Freie. Der Erfolg zahlreicher Pilotprojekte wie die Initiative „Lernen im Freien“ der be:bi Betreuung & Bildung GmbH Esslingen scheint diese Tendenz zu bestätigen.

Spielräume im Freien regen zu Achtsamkeit und Entdeckerfreude an. Foto: Davit85 / Stock.Adobe.com

Weniger Reizüberflutung trotz reizvoller Umgebung

Im Alltag sind Kinder vielfältigen Reizen ausgesetzt. Viele davon sind wichtig, um ihre Entwicklung zu fördern und kognitive und sensitive Prozesse anzuregen. Eine zu große Menge an Reizen kann aber zu Überforderung führen und dafür sorgen, dass wesentliche Informationen in der Reizüberflutung untergehen.

Beim Spielen und Toben in geschlossenen Räumen werden die Reize auf einen begrenzten Bereich komprimiert. Das führt schnell zu einer erhöhten Geräuschkulisse und sensorischer Überreizung. Im Freien können die vielfältigen Reize besser verteilt werden und wirken weniger konzentriert auf die Wahrnehmung ein. Die freie Natur ist eine äußerst reizvolle Spielumgebung, sie bietet gleichzeitig aber die Möglichkeit, die diversen Reize durch individuelle Wahrnehmungsfilter aufzunehmen und sie damit bewusster zu erleben.

Im Freien können Kinder damit ihre Konzentrationsfähigkeit schulen, indem sie statt unwillkürlicher Reizüberflutung eine bewusste Wahrnehmung einzelner Aspekte wählen. Das macht aufmerksam für die eigenen sensorischen Fähigkeiten und hilft dabei, die Kompetenz zu entwickeln, eine Fülle von Reizen zu kanalisieren und zu priorisieren.

Spielend Achtsamkeit fördern

Achtsamkeit ist eine Kompetenz, die nicht nur die Konzentrations- und Leistungsfähigkeit fördert, sondern auch als wesentlicher Stressregulator einen positiven Einfluss auf die emotionale Entwicklung haben kann. Beim Spielen im Freien wird die Achtsamkeit spielerisch gefördert. Inmitten von scheinbar gleichförmigen Grashalmen den kleinen Marienkäfer entdecken, das vierblättrige Kleeblatt in dem Teppich seiner dreiblättrigen Artgenossen finden, den stabilsten Ast zum Erklettern eines Baumes ermitteln und dabei Entfernungen realistisch abschätzen, all das geschieht beim Spielen im Freien ganz intuitiv.

Wenn Kinder ganz versunken einem Regenwurm beim Überqueren eines Waldweges zusehen und dabei alles um sich herum ausblenden, dann üben sie sich in Achtsamkeit und schulen ihre Wahrnehmung und ihre kognitiven Prozesse für Details. Achtsamkeit ist eine Fähigkeit, die einen wertvollen Beitrag zum emotionalen Wohlbefinden leistet und die Erwachsene in ihrem stressigen Alltag oft mühsam wieder erlernen müssen. Durch Spielen und Toben im Freien können Kinder ihre angeborene Fähigkeit zum achtsamem Umgang mit ihrer Umwelt entfalten und sich damit auch langfristig erhalten.